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Haftgrund der Wiederholungsgefahr bei exhibitionistischen Handlungen vor Kindern

Exhibitionistische Handlungen gegenüber Kindern überschreiten die von §184h StGB vorausgesetzte Erheblichkeitsschwelle, rechtfertigen aber nicht immer die Anordnung von Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr. Taten des sexuellen Missbrauchs von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB durch exhibitionistische Handlungen eines Mannes vor einem Kind sind aufgrund der gesetzgeberischen Wertung regelmäßig als erhebliche Straftaten anzusehen, sodass die Anordnung von Untersuchungshaft regelmäßig gerechtfertigt ist.

Sexueller Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt - §176a StGB

Der Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß §176 StGB war primär auf tatsächliche körperliche Handlungen ausgelegt. Dass es jedoch auch möglich ist, jemanden sexuell zu missbrauchen, ohne sich am selben Ort aufzuhalten, war bis 2021 nicht in einem eigenständigen Straftatbestand geregelt.

Nach dem neuen §176a StGB wird nunmehr auch bestraft, wer sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt. Des Weiteren wird bestraft, wer ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt oder auf ein Kind durch pornographischen Inhalt oder entsprechende Reden einwirkt. Das passiert beispielsweise regelmäßig in sexualisierten Chats mit Kindern.  Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine solche Tat anbietet oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet. Auch der Versuch ist strafbar.

Was ist überhaupt ,,Sexueller Missbrauch ohne Körperkontakt’’?

Der juristische Laie geht zunächst einmal davon aus, dass sexueller Missbrauch in Form von körperlicher Gewalt verwirklicht wird. Dazu gehören in erster Linie körperliche Handlungen. Trotzdem wertet der Gesetzgeber sexuelle Handlungen vor einem Kind als sexuelle Gewalt, selbst wenn keine Berührung, d.h keinerlei Körperkontakt vorliegt. In den meisten Fällen geht es dabei um Masturbation vor dem Kind oder um das Zusenden von pornografischem Material mit der Aufforderung, mit ähnlichem Bildmaterial zu antworten.

Welche Strafen drohen?

Verstöße gegen §176a StGB werden mit Freiheitsstrafen von mindestens sechs Monaten und bis zu zehn Jahren geahndet. Wie so oft, richtet sich das konkrete Strafmaß jedoch nach den Umständen des Einzelfalls.

Die Erheblichkeitsschwelle des §184h Nr.1 StGB

Gemäß §184h Nr.1 StGB sind sexuelle Handlungen nur solche, die im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind. Als erheblich im Sinne des §184h Nr.1 StGB sind nur solche sexuellen Handlungen zu werten, die nach Art, Intensität und Dauer eine sozial nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung verursachen. Dazu bedarf es einer umfassenden Gesamtbetrachtung aller Umstände. Bei Tatbeständen, die dem Schutz von Kindern dienen (z.B §176 Abs.1 StGB) sind an das Merkmal der Erheblichkeit geringere Anforderungen zu stellen.  

Haftgrund der Wiederholungsgefahr i.S.v §112 Abs.1 StPO

Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr besteht nach §112 Abs.1 StPO, wenn neben dem dringenden Tatverdacht einer der in §112a Abs.1 Nr.1 StPO genannten Katalogtaten bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, dass ein Beschuldigter vor rechtskräftiger Aburteilung weitere Straftaten der in §112a Abs.1 Satz 1 Nr.1 StPO bezeichneten Art begeht oder solche Straftaten fortsetzen wird und die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich ist. Obwohl der Haftgrund der Wiederholungsgefahr mit dem Grundgesetz vereinbar ist, sind an die Wiederholungsgefahr aus verfassungsrechtlichen Gründen strenge Anforderungen zu stellen. Dabei gilt es insbesondere die Vorstrafen des Beschuldigten, die Abstände zwischen den Straftaten, die äußeren Umstände, in denen er sich bei der Begehung der Tat befunden hat, seine Persönlichkeitsstruktur und sein soziales Umfeld zu berücksichtigen. Die festzustellenden Tatsachen müssen eine so starke innere Neigung des Beschuldigten zu einschlägigen Taten erkennen lassen, dass die Besorgnis begründet ist, er werde weitere gleichartige Taten wie die Anlasstat vor seiner Verurteilung begehen.

Beim Haftgrund der Wiederholungsgefahr nach § 112a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO rechtfertigt die Besorgnis der  Begehung von weiteren Tatbeständen nach dieser Vorschrift die Anordnung von Untersuchungshaft nur dann, wenn es sich um erhebliche Taten handelt. Taten des sexuellen Missbrauchs von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB durch exhibitionistische Handlungen eines Mannes vor einem Kind sind aufgrund der gesetzgeberischen Wertung regelmäßig als erhebliche Straftaten anzusehen und rechtfertigen ohne Weiteres die Anordnung von Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr, ohne dass es einer weiteren Begründung bedarf. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage bedarf es einer näheren Begründung nun dann, wenn das Merkmal der Erheblichkeit ausnahmsweise entfällt.

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