Rechtsanwalt und Strafverteidiger Nikolai Odebralski

Erkennungsdienstliche Behandlung

Strafrecht

Vorladung zur Erkennungsdienstlichen Behandlung (§ 81b StPO)

 

Was ist eine Erkennungsdienstliche Behandlung?

Sollten Sie eine Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung – manchmal auch erkennungsdienstliche Maßnahme genannt – erhalten und sich fragen, worum es sich dabei handelt:

Eine ED-Behandlung ist die Erfassung von personenbezogenen und biometrischen Daten eines Individuums durch die Polizei. Sie dient nicht nur der Feststellung der Identität, sondern wird etwa im Anschluss an eine Festnahme nach einer Straftat vorgenommen.

Abhängig von der Situation und der Jurisdiktion können folgende Daten einer Person aufgenommen werden:

  • Vollständiger Name, Wohnort sowie andere Daten aus Ausweisen und sonstigen Pässen
  • Geburtsdatum / Alter
  • Lichtbilder
  • Körperhöhe und -gewicht
  • Abdrücke aller Finger und der Handflächen
  • Spezielle und individuelle Merkmale wie Tätowierungen, Narben oder Muttermale

Die ED-Behandlung kann auch gegen den Willen einer Person mit unmittelbarem Zwang angeordnet und durchgeführt werden.

 

Vorladung zur Erkennungsdienstlichen Behandlung: Rechtsgrundlage

Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen die oben genannten Daten einer beschuldigten Person auch gegen den eigenen Willen aufgenommen und Messungen sowie ähnliche Maßnahmen an ihr vorgenommen werden. (§ 81b StPO).

 

Kann man sich gegen die Vorladung zur Erkennungsdienstlichen Behandlung wehren?

Durchaus. Ob man diese aber letztlich auch verhindern kann, hängt von den individuellen Umständen der einzelnen Fälle ab sowie davon, ob die Anordnung auf § 81b Alt.1 StPO oder § 81b Alt.2 StPO gestützt wird. Wird die Anordnung mit § 81b Alt.2 StPO begründet, dann ist eine Verweigerung möglich, wenn nicht die Gefahr der Begehung von weiteren Straftaten besteht.

 

Vorladung zur Erkennungsdienstlichen Behandlung: Welche Maßnahmen sind zulässig?

Die wichtigsten Maßnahmen bei einer erkennungsdienstlichen Behandlung, wie das Anfertigen von Lichtbildern (umgangssprachlich auch als Mug Shots bekannt) und die Abnahme von Fingerabdrücken, wurden bereits erwähnt.

Zulässig ist auch das gesonderte Festhalten von speziellen und individuellen Körpermerkmalen, etwa Tätowierungen, auffälligen Narben oder Muttermalen. Nicht unter die Norm fallen allerdings die Speicherung von bestimmten sozialen Verhaltensweisen einer Person und die Registrierung innerer Zustände, etwa die Messung und Aufnahme des Herzschlags oder der Atmung. Die Entnahme einer Sprachprobe zur Feststellung phonetischer oder logopädischer Eigenheiten ist in der Regel ebenfalls unzulässig.

Wichtig: Zur Vorbereitung der Maßnahme kann auch die Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes angeordnet und gegebenenfalls zwangsweise durchgeführt werden, beispielsweise das Entfernen einer Perücke oder von Make-Up. Dies gilt ebenfalls für die Veränderung des Haupthaares und eventueller Gesichtsbehaarung. Unter Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gelten allerdings auch hier gewisse Grenzen.

Zur Durchsetzung der Maßnahmen ist die Anwendung von unmittelbarem Zwang zulässig, ein bestimmtes Verfahren ist hier - ebenso wie die Gewährung von rechtlichem Gehör - nicht vorgeschrieben. Wird die beschuldigte Person zwangsweise zur Polizeibehörde gebracht und dort bis zur Erledigung festgehalten, liegt hierin weder eine Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 104 II S.1 GG vor noch eine vorläufige Festnahme nach § 127 II StPO.

Hinweis zu Vorladungen und Anordnungen der erkennungsdienstlichen Behandlung:

Die Anordnungskompetenz für erkennungsdienstliche Maßnahmen nach § 81b Alt. 2 StPO liegt ausschließlich bei der Kriminalpolizei (OVG Münster NJW 72, 2147). Wird die Maßnahme durch Beamte des Polizeidienstes angeordnet, fehlt es hier bereits an der sachlichen Zuständigkeit.

 

Vorladung zur Erkennungsdienstlichen Behandlung: Was bedeutet „soweit notwendig"?

Die Notwendigkeit im Rahmen des § 81b Alt. 1 StPO bestimmt sich nach der Sachaufklärungspflicht des § 244 Abs. 2 StPO. Ob erkennungsdienstliche Maßnahmen im Sinne des § 81b Alt. 2 StPO notwendig sind, bestimmt sich nach den individuellen Umständen des Einzelfalles.

Praxistipp: Wird eine erkennungsdienstliche Maßnahme nach § 81b Alt. 2 StPO angeordnet, empfiehlt es sich zunächst, Einsicht in die Ermittlungsakte zu nehmen und bei der anordnenden Stelle zugleich eine Zurückstellung der Anordnung zu beantragen. Denn erkennungsdienstliche Maßnahmen dienen nicht der Überführung eines Beschuldigten, sondern der vorsorglichen Bereitstellung von Hilfsmitteln zur künftigen Aufklärung von Straftaten. Die Maßnahmen sind somit rein präventiver Natur.

Maßgeblich für die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme ist demnach die Erwartung, dass der Beschuldigte auch in Zukunft weitere Straftaten begehen wird. Entscheidend ist also, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Beschuldigte erneut straffällig werden könnte. Bei offensichtlichem Fehlen einer Wiederholungsgefahr sind die erkennungsdienstlichen Maßnahmen bereits unzulässig. An dieser Stelle ist es dann Aufgabe der Rechtsanwälte, gegenüber der anordnenden Stelle darzulegen, warum eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben ist.

 

Vorladung zur Erkennungsdienstlichen Behandlung: Wann ist § 81b StPO zeitlich anwendbar?

Die Anwendbarkeit des von § 81b Alt. 1 StPO setzt die Beschuldigteneigenschaft einer verdächtigen Person voraus. „Beschuldigter“ ist hierbei ein Tatverdächtiger, gegen den das Verfahren als Beschuldigter betrieben wird, beispielsweise durch Einleitung eines förmlichen Ermittlungsverfahrens. Die Beschuldigteneigenschaft wird beendet durch ein Urteil oder eine Verfahrenseinstellung (§§ 170 II, 153ff, 206a StPO).

Maßnahmen nach § 81b Alt. 2 StPO hingegen dienen der polizeilichen Prävention und sind demnach in der - sonst nur restriktiven Zwecken dienenden - Strafprozessordnung dogmatisch falsch platziert. Ein wesentlicher Unterschied zur ersten Alternative besteht darin, dass die Maßnahmen auch dann noch zulässig sind, wenn das Ermittlungsverfahren eingestellt bzw. der Beschuldigte rechtskräftig verurteilt oder eben freigesprochen wurde (hieran wird die präventive Ausrichtung deutlich).

Da Kinder mangels Strafmündigkeit keine formelle Beschuldigteneigenschaft erlangen können, sind Maßnahmen gegen sie gemäß § 81b StPO generell unzulässig.

 

Welche Rechtsbehelfe gibt es gegen die ED-Maßnahmen?

Gerichtliche Anordnungen im Rahmen des Strafverfahrens - also Maßnahmen nach § 81b Alt. 1 StPO - sind mit einer Beschwerde nach § 304 I StPO anfechtbar. Maßnahmen von Polizei und Staatsanwaltschaft können ebenfalls einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden (§ 98 II analog StPO).

Gegen Maßnahmen für erkennungsdienstliche Zwecke (also solche nach § 81b Alt.2 StPO) steht der Verwaltungsrechtsweg offen.

Wichtig: Die Anfechtungsklage nach § 42 VwGO ist bereits gegen die Aufforderung beziehungsweise Vorladung zulässig, sich zum Zweck der erkennungsdienstlichen Behandlung bei der Polizei einzufinden.

 

Vorladung zur Erkennungsdienstlichen Behandlung: Fazit und die erste Anlaufstelle

Häufig erhalten Betroffene die Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung bereits kurze Zeit nach jener zur Beschuldigtenvernehmung. Ist zu diesem Zeitpunkt noch keine Akteneinsicht erfolgt, sollte bei den Behörden eine Rückstellung des Antrags der ED-Maßnahmen bis zum Zeitpunkt der Akteneinsicht angeregt werden, um ein eventuelles Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zu vermeiden.

Nach Akteneinsicht sollte dann unserer Erfahrung nach gegenüber den Ermittlungsbehörden die Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung mit guten und rationalen Argumenten bezweifelt werden.

Sollten Sie weitere Fragen oder bereits eine Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung erhalten haben und einen Termin für eine kostenlose, unverbindliche Erstberatung vereinbaren wollen, kontaktieren Sie mich per Mail an info@ra-odebralski.de, telefonisch unter (+49) 201 799 160 04 oder direkt über unser Kontaktformular.

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