bundesweite Strafverteidigung
Rechtsanwalt für Sexualdelikte - unsere Spezialisierung
Aussagepsychologische Gutachten – der entscheidende Baustein im Verfahren wegen sexuellem Missbrauch
I. Oft kommt es in Sexualstrafverfahren dazu, dass vermeintlich geschädigte Zeugen aussagepsychologisch begutachtet werden.
Hierbei ist das Gutachten der entscheidende Baustein in dem gesamten Verfahren; kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, die Angaben des vermeintlich Geschädigten sind zutreffend (in der Fachsprache: "erlebnisbasiert"), wird dieser verurteilt. Im anderen Fall erfolgt keine Verurteilung, der Angeklagte wird freigesprochen.
Kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, die Angaben seinen erlebnisbasiert, ändern sich die Vorzeichen für die Verteidigung. Denn ein bestätigendes aussagepsychologisches Gutachten ist im Falle einer Aussage-gegen-Aussage Konstellation ein förmliches Beweismittel für die Richtigkeit der Angaben der Belastungszeugin.
Das aussagepsychologische Gutachten verdient insofern ganz besondere Aufmerksamkeit.
II. Also was ist zu tun, wenn der Gutacher die Angaben des Belastingszeugen für zutreffend hält.
Für den kompetenten Strafverteidiger gibt hier für den tatsächlich unschuldigen Beschuldigten prinzipiell (neben einem taktischen Geständnis als weitere Alternative) zwei Möglichkeiten:
Zum einen kann versucht werden, den Gutachter dazu zu bringen, von den Ergebnissen seines vorbereitenden Gutachtens abzurücken, was - zugegeben - schwierig ist, aber nicht unmöglich; ich selbst habe das schon mehrfach erlebt. Hier gibt es unterschiedliche Ansätze, deren Darstellung an dieser Stelle sicherlich den Rahmen sprengen würde.
Dies erfordert eine bestimmte Art von Befragung des Gutachters. Zu beobachten ist immer wieder, dass die Gutachter ihre schriftlichen Gutachten lediglich in der Hauptverhandlung vorlesen und für ihre Bewertung der sog. "Erlebnisbasiertheit" lediglich diejenige Aussage zugrunde legen, die das vermeintliche Opfer ihnen gegenüber gemacht hat.
Dies ist aber nicht richtig, denn bei der Bewertung ist auch - und insbesondere - die Aussage der Zeugin in der Hauptverhandlung zu berücksichtigen. Da hier oft in Details von den ursprünglichen Angaben abgewichen wird, ändern sich somit auch die Anknüpfungstatsachden für den Gutachter. Man sollte also umbedingt darauf achten, dass die Aussage in dem Verfahren mit berücksichtigt wird.
Tut man dies konseqent bestehen gute Möglichkeiten, den Gutachter aus dem Konzept zu bringen.
Zum anderen kann man die Aufmerksamkeit, soweit der Gutachter bei dem ungünstigen Ergebnis bleibt, auf dessen Kompetenz richten. Hier sollte die Verteidigung dann versuchen, methodische Fehler in dem Gutachten zu suchen und so versuchen, das Gutachten als solches zu erschüttern. Auch hierfür gibt es unterscheidliche Ansatzpunkte.
Ein erster Ansatz kann beispielsweise in der Person des Gutachters (m/w) selbst liegen. Welche Fortbildungen hat er besucht und ist er tatsächlich auf dem aktuellsten Stand der wissenschaftlichen Diskussion? Warum hat er gerade die in seinem Literaturverzeichnis aufgelistete Literatur verwendet und warum hält er diese für wichtig?
Weiterhin ist nach der Exploration selbst zu fragen: wurden beispielsweise Suggestivfragen gestellt? Da diese Frage natürlich jeder Gutachter sofort verneien wird ist dann erst einmal zu prüfen, was denn der Gutachter über Suggestivfragen weiß, kennt er beispielsweise die Unterscheide zwischen offener und verdecketer Suggestion? Hat er Fortbildungen zu diesem Thema besucht?
Die Liste der möglichen Fragen lässt sich fortsetzen, hiervon soll jedoch an der Stelle aus Platzgründen abgesehen werden.
Es wird aber deutlich, dass es eine Fülle an Möglichkeiten gibt, einen Gutachter im Verfahren kritisch und offensiv zu befragen. Insbesondere in streitigen Verfahren wegen Vergewaltigung oder sexuellem Missbrauch von Kindern sollte die Befragung des Gutachters sehr gut vorbereitet werden und einen großen Raum einnehmen.
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III. ultima Ratio: Befangehheit prüfen!
Letztlich sei darauf hingewiesen, dass auch immer die Möglichkeit besteht, einen Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, ein Beispiel eines erfolgreichen Abschlussantrages im Rahmen eines Verfahrens wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern vor dem Landgericht Essen lesen Sie hier
Im August 2020 erschien im größten deutschen Wissenschaftsverlag "Springer-Verlag" ein Fachbuch von Herrn Odebralski zum Thema "Strafverteidigung in Sexualstrafverfahren" - mit einem Schwerpunkt zum Thema: Fehlerquellen in aussagepsychologischen Gutachten.