Strafverteidigung: bundesweit
Ablauf des Strafverfahrens
Strafbefehl
Ein Strafbefehl bietet Beschuldigten im Verfahren die diskrete Möglichkeit, das Strafverfahren ohne öffentliche Hauptverhandlung zum Abschluss zu bringen.
Von der Möglichkeit eines Strafbefehls wird insbesondere in Strafverfahren wegen moralisch belastender Vorwürfe wie beispielsweise Besitz kinderpornographischer Inhalte, Besitz von Jugendpornographie oder sexueller Missbrauch von Jugendlichen Gebrauch gemacht, um Betroffenen eine Hauptverhandlung und das hiermit verbundene Risiko zu ersparen, dass die Vorwürfe bekannt werden und die Reputation nachhaltigen Schaden nimmt.
Was ist ein Strafbefehl?
Ein Strafbefehl ist eine Art Urteil per Post. In einem Strafbefehl kann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr auf Bewährung festgesetzt werden. Ein Strafbefehl hat hierbei die gleiche Wirkung wie ein Strafurteil, indem ein rechtskräftiger Strafbefehl in das Bundeszentralregister eingetragen wird.
Ein Strafbefehl ist ein schriftlicher Bescheid eines Gerichts, wobei dieses Verfahren insbesondere bei Vergehen und Straftaten von geringem Gewicht eingesetzt wird. Neben dem Nutzen für die Beschuldigten, gibt ein Strafbefehl Ermittlungsbehörden die Möglichkeit, das Strafverfahren zu vereinfachen bzw. zu beschleunigen.
In einem Strafbefehl kann gegen einen Beschuldigten eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr auf Bewährung festgesetzt werden.
Dem Beschuldigten wird der Strafbefehl durch das zuständige Gericht per Einschreiben zugestellt, ab der Zustellung besteht innerhalb von zwei Wochen die Möglichkeit, (ohne Begründung) Rechtsmittel gegen diesen einzulegen. In diesem Fall kommt es zu einer Hauptverhandlung.
Voraussetzungen für einen Strafbefehl
Ein Strafbefehl kann zunächst nur bei Straftaten erlassen werden, die ein sogenanntes Vergehen darstellen.
Vergehen sind im Vergleich zu Verbrechen Straftaten, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von unter einem Jahr bedroht sind. Nicht möglich ist ein Strafbefehl insofern bei allen Vorwürfen der mittleren und schweren Kriminalität, wie beispielsweise Raub, Vergewaltigung, sexueller Missbrauch von Kindern oder Mord.
Möglich ist ein Strafbefehl beispielsweise bei Straftaten wie sexuelle Belästigung, Exhibitionistischen Handlungen oder Besitz kinderpornographischer Inhalte. Gerade bei letztgenannten Vorwürfen wird von geständigen Beschuldigten ein Strafbefehl in der Regel gewünscht und angestrebt, um eine öffentliche Hauptverhandlung zu vermeiden.
Darüber hinaus setzt ein Strafbefehl eine klare Beweislage oder ein bereits erklärtes Geständnis des Beschuldigten voraus. In der Praxis wird ein Strafbefehl auch manchmal beantragt, wenn der Beschuldigte die Tat bestreitet. Das ganze folgt dann der Logik, dem Beschuldigten das "Angebot auf eine friedliche und diskrete Beendigung des Strafverfahrens" zu machen. Der Beschuldigte kann sich dann nach Erhalt des Strafbefehls in Ruhe überlegen, ob er Einspruch einlegen möchte oder nicht, diese Möglichkeit steht ihm jederzeit zu, auch sofern er bereits ein Geständnis abgelegt hat.
Darüber hinaus ist ein Strafbefehl nur möglich, wenn keine Freiheitsstrafe darin erlassen wird, die ein Jahr übersteigt. In einem Strafbefehl kann auch ausschließlich eine Freiheitsstrafe auf Bewährung verhängt werden, vollstreckbare Haftstrafen sind im Wege eines Strafbefehls nicht möglich.
Nicht zulässig ist ein Strafbefehlsverfahren in Verfahren gegen Jugendliche Beschuldigte.
Ablauf des Verfahrens beim Strafbefehl
Ein Strafbefehl wird erlassen, wenn die Staatsanwaltschaft nach Aktenlage davon überzeugt ist, dass die Straftat begangen wurde.
Ein Strafbefehl unterstellt zugunsten eines Beschuldigten ein Geständnis und legt dieses bei der Bemessung der Höhe der Strafe zugrunde, unabhängig davon, ob in dem Strafbefehl eine Geldstrafe oder eine Bewährungsstrafe festgesetzt wird.
Der Strafbefehl wird von der Staatsanwaltschaft gegenüber dem zuständigen Gericht beantragt, wobei dies häufig auch auf Anregung der Verteidigung passiert.
Regt der Verteidiger den Erlass eines Strafbefehls an, beispielsweise um einem Beschuldigten eine öffentliche Hauptverhandlung und hiermit verbundene Unannehmlichkeiten zu ersparen, ist es sinnvoll in diesem Zusammenhang die Gründe vorzutragen, die für einen Strafbefehl sprechen. Hierzu könnte beispielsweise zählen, dass der Beschuldigte durch das Ermittlungsverfahren bereits hinreichend beeindruckt ist und es insofern der Durchführung einer öffentlichen Hauptverhandlung nicht bedarf.
Sinnvoll ist es im Rahmen einer Anregung eines Strafbefehls erfahrungsgemäß auch, bereits einerseits Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten zu machen (Achtung: wobei diese nicht richtig sein müssen, denn der Beschuldigte hat auch hier das Recht, unrichtige Angaben hinsichtlich der Höhe seines Einkommens zu machen und dieses niedriger anzugeben als es tatsächlich ist). Sinnvoll kann es zudem sein, auf beschlagnahmte Gegenstände bereits im Rahmen der Anregung des Strafbefehls zu verzichten.
Ist die Staatsanwaltschaft insofern mit diesem Vorgehen ebenfalls einverstanden oder regt den Erlass eines Strafbefehls von sich aus an, wird die Ermittlungsakten gemeinsam mit dem Entwurf des Strafbefehls dem zuständigen Amtsgericht vorgelegt. Dieses führt dann eine eigenständige Prüfung dahingehend durch, ob der Strafbefehl erlassen werden kann, wobei das zuständige Amtsgericht eine eigene Entscheidungskompetenz dahingehend hat, den Strafbefehl nicht zu erlassen.
Gründe dafür, warum das zuständige Gericht den Erlass des Strafbefehls ablehnt können beispielsweise zugunsten eines Beschuldigten sein, dass das Gericht die Straftat in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht für nicht nachgewiesen ansieht.
Zulasten eines Beschuldigten kann der Erlass eines Strafbefehls abgelehnt werden, wenn das Gericht die darin beantragte Freiheitsstrafe von beispielsweise einem Jahr zur Bewährung für zu gering für die in Rede stehende Straftat hält und insofern angesichts der zu erwartenden Strafe die Durchführung einer Hauptverhandlung für notwendig gehalten wird.
Wird der Strafbefehl erlassen, wird dieser den Beschuldigten anschließend per Einschreiben zugestellt mit einer Rechtsmittelbelehrung hinsichtlich der Frist von zwei Wochen, innerhalb derer Einspruch eingelegt werden kann.
Einspruch gegen den Strafbefehl
Der Beschuldigte hat das Recht, Rechtsmittel gegen den Strafbefehl einzulegen.
Dieser Einspruch muss innerhalb von zwei Wochen gegenüber dem zuständigen Amtsgericht erklärt werden, wobei der Einspruch in der Regel über den Verteidiger für den Beschuldigten eingelegt wird. Dies ist insofern auch sinnvoll, da der Beschuldigte im Zweifel die Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels nachweisen muss. Ist der Einspruch zu spät eingelegt, kann dieser verworfen werden, der Beschuldigte hat dann in Ausnahmefällen die Möglichkeit, eine sogenannte Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu beantragen. Hierbei handelt es sich um ein im Hinblick auf die Formalien recht anspruchsvolles Rechtsmittel, was in der Regel der Mitwirkung eines Rechtsanwalts bedarf.
Wird der Einspruch gegen den Strafbefehl fristgerecht eingelegt, kommt es zu einer Hauptverhandlung.
Frist zum Einlegen des Einspruchs
Die Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen den Strafbefehl beträgt zwei Wochen. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte absolute Frist, die nicht verlängert werden kann. Der Beschuldigte ist im Zweifel in der Verpflichtung, die Einlegung des Einspruchs sowie die Rechtzeitigkeit nachzuweisen.
Risiken beim Einspruch gegen den Strafbefehl
Wie oben dargestellt, unterstellt ein Strafbefehl im Hinblick auf die Höhe der Strafe, dass der Beschuldigte die Straftat einräumt. Legt der Beschuldigte Einspruch gegen den Strafbefehl ein besteht einerseits das Risiko, dass sich am Ende einer Hauptverhandlung die Strafe erhöht, zudem besteht das Risiko, dass die Höhe des jeweiligen Tagessatzes an die tatsächlichen Verhältnisse betreffend das Einkommen angepasst und insofern ebenfalls erhöht wird.
Risiko: Erhöhung der Strafe
Wird Einspruch eingelegt, hat der Beschuldigte insofern das Risiko, dass die Strafe letztlich im Falle einer Verurteilung nach einer streitigen Verhandlung höher sein kann, als die ursprünglich im Strafbefehl festgesetzte Geldstrafe. Der allgemeine Rechtsgrundsatz des sogenannten Verschlechterungsverbot, wonach im Falle eines Rechtsmittels einer Partei keine Abweichung betreffend die Strafe zu seinem Nachteil getroffen werden kann (wie beispielsweise bei einer einseitigen Berufung eines Beschuldigten), gilt hier nicht.
Legt beispielsweise ein Beschuldigter Einspruch gegen einen Strafbefehl mit einer Strafe von einem Jahr auf Bewährung ein, und bestreitet dort die Straftat, ist das Risiko vorhanden, dass er am Ende eines streitigen Verfahrens beispielsweise zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt wird.
Risiko: Erhöhung des Tagessatzes
Wird in dem Strafbefehl eine Geldstrafe festgesetzt, wird hierbei das Einkommen des Beschuldigten geschätzt und dieser Geldstrafe zugrunde gelegt. Auch diesbezüglich ist eine Abänderung der Höhe der Geldstrafe zum Nachteil des Beschuldigten möglich, sofern sich in einer Haupthandlung beispielsweise herausstellt, dass dieser tatsächlich ein höheres Einkommen hat, als ursprünglich bei Erlass des Strafbefehls angenommen.
Ein Beispiel:
Gegen einen Beschuldigten wird ein Strafbefehl von 100 Tagessätzen zu je 50 € erlassen (Strafe insgesamt dann: 5.000€), hierbei gehen Gericht und Staatsanwaltschaft insofern davon aus, dass dessen monatliches Nettoeinkommen 1.500 € beträgt (1.500€ ./. 30 Tage = Tagessatz von 50€). Der Beschuldigte legt Einspruch gegen den Strafbefehl ein und erklärt in der Hauptverhandlung zu seinem Einkommen, dass dieses monatlich 3.000 € beträgt. Der Einspruch wird verworfen, es bleibt bei den 100 Tagessätzen Strafe. Die Höhe des Tagessatzes wird dann aber an die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst, womit ein Tagessatz dann nicht mehr 50 €, sondern 100 € beträgt (3.000€ ./. 30 Tage = Tagessatz von 100€). die Strafe insgesamt beträgt dann somit 10.000 € bei identischer Ausgangslage.
Über eine mögliche Anpassung der Tagessätze an die tatsächlichen Behältnisse ist der Beschuldigte durch seinen Rechtsanwalt zwingend zu informieren, unterbleibt eine derartige Aufklärung und wird der Beschuldigte zu einer letztlich höheren als ursprünglichen Höhe eines Tagessatzes verurteilt, kann dies für den Rechtsanwalt einen Haftungsfall auslösen.
Vorteile und Nachteile des Strafbefehlsverfahrens
Ein Strafbefehlsverfahren hat sowohl Vorteile, als auch Nachteile für einen Beschuldigten.
Vorteile Strafbefehlsverfahren
Der wesentliche Vorteil eines Strafbefehlsverfahrens ist sowohl für den Beschuldigten als auch die Ermittlungsbehörden eine schnelle und kostengünstige Abwicklung des Strafverfahrens. Insofern liegt der Vorteil auf Seiten der Justiz eindeutig in einer Entlastung, da im Falle einer Hauptverhandlung eine gegebenenfalls umfangreiche Beweisaufnahme durchzuführen wäre.
Der Vorteil für den Beschuldigten liegt in einer diskreten Erledigung und insbesondere in der Vermeidung einer öffentlichen Hauptverhandlung. Aus diesem Grunde wird gerade in Verfahren gegen bekannte Beschuldigte, Beispielsweise Personen der Öffentlichkeit, Lokalpolitiker, etc. von dem Rechtsanwalt auf eine Erledigung von Vorwürfen im Wege eines Strafbefehls gedrängt, um den Betroffenen eine Hauptverhandlung zu ersparen.
Auch bei moralisch aufgeladenen Tatvorwürfen haben Beschuldigte in der Regel Interesse an einem Abschluss des Verfahrens im Rahmen eines sogenannten Strafbefehls. Dies gilt insbesondere bei Ermittlungsverfahren wegen Besitz kinderpornographischer Inhalte, Beleidigung auf sexueller Grundlage, sexueller Belästigung oder exhibitionistischer Handlungen, jedenfalls sofern die Vorwürfe eingeräumt werden.
Der Strafbefehl hat dann für die Beschuldigten den großen Vorteil, dass kein Risiko dahingehend eingegangen werden muss, dass die Vorwürfe im sozialen Umfeld oder gar der Öffentlichkeit bekannt werden.
Nachteile Strafbefehlsverfahren
jedoch kann ein Strafbefehl für den Beschuldigten auch Nachteile bedeuten, wobei die Nachteile nahezu ausschließlich in Konstellationen auftreten, in denen Beschuldigte nicht anwaltlich vertreten sind.
Denn letztlich erhält der Beschuldigte durch den Strafbefehl lediglich einen Brief nach Hause, in dem eine Geldstrafe oder Bewährungsstrafe festgesetzt wird. Kontrolliert beispielsweise ein Beschuldigter seine Post nicht oder nicht regelmäßig oder erwartet den Eingang des Strafbefehls nicht und bleibt dieser von ihm unbemerkt, kann die Frist des Einspruchs unbemerkt verstreichen. Wird dann ein Strafbefehl mangels Einlegung eines Rechtsmittels rechtskräftig, gibt es keine Handhabe mehr, hiergegen vorzugehen.
Darüber hinaus kann sich ein Beschuldigter beim Eingang eine Strafbefehls in einer Zwangslage dahingehend empfinden, nun entweder den Strafbefehl zu akzeptieren obwohl er der Meinung ist, dass die dort enthaltene Vorwürfe unrichtig sind, oder sich aber einen Rechtsanwalt zu nehmen und das Strafverfahren auf sodann freiwilliger Grundlage eines Einspruchs zu betreiben. Die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe ist aber mit Kosten verbunden, insofern kann bei dem Beschuldigten eine Zwangslage zwischen dem Interesse an einer Gerechtigkeit in der Sache und andererseits der Vermeidung von Kosten entstehen, was bei einer Anklageschrift so nicht der Fall wäre. Insofern besteht das Risiko, dass Beschuldigte alleine mit dem Ziel der Vermeidung von Unannehmlichkeiten bzw. Kosten eine in den Strafbefehl benannte Straftat so akzeptieren, obwohl sich diese gar nicht so ereignet hat. Das Risiko von Fehlurteilen ist insofern durch einen Strafbefehl ungleich höher, als wenn im Rahmen einer Anklage ein Vorwurf in einer Hauptverhandlung verhandelt und aufgeklärt wird.
Darüber hinaus erkennen betroffene manchmal nicht die mittelbaren Folgen, die ein Strafbefehl bedeutet. Denn wird ein Strafbefehl beispielsweise in einem Umfang erlassen, der eine Eintragung in das Bundeszentralregister bedeutet oder hat der Strafbefehl für ausländische Beschuldigte ausländerrechtliche Folgen, wird dies manchmal nicht erkannt. Ist der Strafbefehl aber erst einmal rechtskräftig, sind die mittelbaren Konsequenzen häufig problematisch und dann nicht mehr zu beseitigen, da man eben keinen Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt hat.
Strafbefehl erhalten - was tun?
sofern Sie unaufgefordert und ohne vorherige Beantragung durch ihren Rechtsanwalt einen Strafbefehl erhalten haben und mit dessen Inhalt nicht einverstanden sind, sollten Sie in jedem Fall anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Sinn machen kann das, erst einmal Einspruch gegen den Strafbefehl einzulegen, die Akten zu beantragen und sich ein Bild von der gesamten Situation und den Vorwürfen zu machen. Als Rechtsanwalt prüfen wir dann mögliche Erfolgsaussichten eines Einspruchs.
Eine Rücknahme des Einspruchs ist jederzeit und ohne Abgabe einer Begründung möglich.