Missbrauchsvorwurf: Gericht lehnt Sachverständigen als befangen ab (Essen)
Meinen Mandanten wird von der Staatsanwaltschaft Essen vorgeworfen, seinen minderjährigen Neffen bei unterschiedlichen Gelegenheiten sexuell missbraucht zu haben - der Beschuldigte weist die Vorwürfe vehement zurück; zwischenzeitlich waren sogar Zeugen aufgetaucht, welche die Angaben des vermeintlichen Opfers als unrichtig entlarvten.
Aufgrund der Schwierigkeit der gesamten Konstellation, im Bezug auf den Missbrauchsvorwurf, hatte die Staatsanwaltschaft Essen ein aussagepsychologisches Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben - entgegen den Regeln der Strafprozessordnung ohne Abstimmung mit der Verteidigung. Natürlich kam dieses Gutachten dann zu dem (gewünschten) Ergebnis, dass die Vorwürfe richtig sein müssen....
Der gewählte Gutachter zeichnet sich hierbei insbesondere durch fehlende Kompetenz aus: so berücksichtigte er bei seinem Gutachten entlastende Aussagen gar nicht und machte betreffend der Erstellung eines Gutachtens sogar vermehrt und wiederholt falsche Angaben zum Ablauf seiner Tätigkeit.
Alles zusammengenommen Gründe, die die Verteidigung dazu veranlasste, den Gutachter wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Insbesondere war für uns nicht nachvollziehbar, dass entlastende Tatsachen überhaupt nicht berücksichtigt und kommentarlos übergangen worden waren. Dies führte auf der Seite des Beschuldigten zu der Annahme, der Gutachter habe sich bereits vorab abschließend in seiner Meinung festgelegt - fatal für einen bestreitenden Angeklagten.
In einem umfassenden Befangenheitsantrag wurden sodann die Gründe dafür dargelegt, aus welchem Grunde die Besorgnis der Befangenheit gesehen wurde. Das Landgericht Essen schloss sich dem Antrag an und enthob den aussagepsychologischen Sachverständigen von seiner weiteren Mitwirkung an dem Strafverfahren. Nach Rücksprache mit der Verteidigung wird nun ein neues Gutachten erstellt, dieses Mal von einer kompetenten Sachverständigen.