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Amtsgericht München verurteilt angehenden Gastronom wegen sexueller Belästigung einer 18-Jährigen zu einer deutlichen Geldstrafe

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Ein Thema, welches immer wieder auftaucht und welchem mithin eine hohe Relevanz zugesprochen wird. Dabei kann eine solche sexuelle Belästigung schon beim Probearbeiten vorfallen, wie in dem hier folgenden Fall deutlich wird.

In einer Pressemitteilung vom 23.07.2021 gibt das Amtsgericht München folgende Sache bekannt:  Die zuständige Strafrichterin des Amtsgerichts verurteilte einen 45-jährigen angehenden Gastronomen aus München am 18.06.2021 wegen sexueller Belästigung gemäß §184i StGB zu einer deutlichen Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 15 Euro.

Der konkrete Sachverhalt

Dem Angeklagten wird folgender Sachverhalt zur Last gelegt. Am 27.06.2020 kam die Zeugin zu einer Bäckereifiliale in München-Schwabing, dem damaligen gemeinsamen Arbeitsplatz von ihr und dem Angeklagten. Dort sollte sie an jenem Tag eine Probearbeit ableisten. Diese war am Tag zuvor vereinbart worden. Während des Probearbeitens legte der Angeklagte der 18-jährigen Studentin zweimal in sexueller Absicht die Hand auf ihren Oberschenkel.

Es fing bereits mit der ersten Vorstellung an. Der Angeklagte forderte die Zeugin auf, sich vor einen Durchgang der Theke zu stellen, wohl – so vermutete die Zeugin um einen genauen Blick auf ihr Aussehehen und vor allem ihrem Körper bekommen zu können. Sie sei nach eigenen Aussagen dennoch zum Probearbeiten erschienen, in der Annahme dass sie sich dies nur eingebildet hatte.

Die Zeugin schilderte daraufhin vor Gericht den genauen Ablauf ihres „Probetages“. Sie erschien um fünf Uhr morgens, um das Brot herzurichten. Der Angeklagte lernte die Zeugin an, indem er ihr die Räumlichkeiten und Abläufe erklärte. „Er hat mir erklärt, was ich zu tun habe und er hat seine Hand auf mein Knie gelegt. Er hat mir gesagt, ich soll in den Raum gehen, wo das Brot gemacht wird, aber er hat mir dann den Eingang versperrt, sodass ich nicht reingehen konnte. Ich habe versucht ihm zu signalisieren, dass er weggehen soll, damit ich hineingehen kann. Solche Dinge sind mehrfach passiert. Wenn ich in seiner Nähe war, hat er mir die Hand auf das Knie gelegt“ so die Zeugin. Zudem betonte der Angeklagte, dass die Zeugin ihren Eltern nichts von den Problemen vor Ort erzählen solle.

Angeklagter bestritt die Tat

Der Angeklagte bestritt vor Gericht die Tat. Er hatte die Zeugin eingearbeitet ohne sie dabei zu berühren. Ihm wäre lediglich aufgefallen, dass das Mädchen - entgegen der Vereinbarung, am Tag nach den Probearbeiten nicht erschien um ihre Unterlagen vorbeizubringen. Ein paar Tage später kam dann die Polizei in den Laden. Jedoch habe er damit nicht zu tun.

Überzeugung der Strafrichterin durch glaubhafte Zeugenaussagen

Der Angeklagte wurde dennoch schuldig gesprochen. Er habe sich wegen sexueller Belästigung gemäß §184i StGB strafbar gemacht. Zur Begründung des Urteils führt die Strafrichterin folgendes an:

Der Angeklagte hat die Zeugin in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und die Zeugin fühlte sich dadurch auch belästigt.
Zugunsten des Angeklagten ist zu werten, dass dieser keinerlei Vorstrafen hat und die Berührungen zwar in sexuell motivierte Weise geschehen sind, aber sich am unteren Rand des Straftatbestands abspielten. Zu Lasten des Angeklagten ist wiederum zu werten, dass er als Vorgesetzter der Zeugin eine besondere Stellung mit einem besonderen Vertrauen gegenüber seinen Mitarbeitern einnimmt. Dieser Stellung habe er im Rahmen des Arbeitsverhältnisses ausgenutzt. Zudem ist zu beachten, dass die Zeugin noch sehr jung ist und noch heute unter dem Geschehen leidet, da sie die Örtlichkeit meidet.

Entschieden gegen die Aussagen des Angeklagten, der die Tat bestreitet, sprechen die Aussagen der Zeugin. Diese seien glaubhaft, da die Zeugin das Geschehen und auch ihre Gefühle nachvollziehbar schilderte. Auch den Umstand, dass sie trotz ihrer bereits anfänglichen Bedenken zum Probetag erschein, legte sie plausibel mit der Begründung dar, dass ihre Eltern damals unbedingt wollten, dass sie einen Job annehme. Sie hat erklärt, dass sie einerseits ihren Eltern und deren Ansprüchen gerecht werden wollte, andererseits dachte, vielleicht bilde sie sich die anzüglichen Blicke des Angeklagten nur ein. Das Gericht hält dies für glaubhaft. Das Verhalten der Zeugin entspricht den typischen Verhaltensweisen von Opfern sexueller Belästigung, die oft zunächst ihre eigenen Wahrnehmungen in Bezug auf die Geschehnisse in Frage stellen.

Das Urteil ist aufgrund beidseitig eingelegter Berufung nicht rechtskräftig.


Quellen: kostenlose-urteile.de, justiz.bayern.de (Amtsgericht München, Urteil vom 18.06.2021 - 811 Cs 454 Js 164914720)

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