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Aussage-gegen-Aussage: Warum Gerichte hier besonders gut begründen müssen

Auch in diesem Fall steht das Gericht, hier das Landgericht (LG) Chemnitz, wieder vor einem der häufigsten Probleme des Sexualstrafrechts, der „Aussage-gegen-Aussage“-Situation.

Was war passiert?

In dem konkreten Fall ging es um einen Mann, der sich wegen Vergewaltigung und Körperverletzung vor Gericht zu verantworten hatte. Das LG Chemnitz hatte den Mann daraufhin zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Revision wurde eingelegt, so dass der Bundesgerichtshof (BGH) noch einmal über den Fall zu entscheiden hatte.

BGH: mangelnde Beweisführung führt zu Rückweisung

Das Problem, dass in dem konkreten Fall vorliegt, ist eines der typischen Probleme des Sexualstrafrechts. Denn Grundlage der Vergewaltigungsvorwürfe waren ausschließlich Aussagen der Geschädigten gewesen. Das heißt, es bestand eine „Aussage-gegen-Aussage“-Konstellation ohne zusätzliche Beweismittel.

In seinem Beschluss beanstandet der BGH nun die Beweiswürdigung des Landgerichts. Diese sei rechtsfehlerhaft. Das LG Chemnitz habe in seinem Urteil nicht nachvollziehbar dargelegt, wieso es den Aussagen der Betroffenen geglaubt habe. Dies sei jedoch notwendig und ergibt sich aus dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung nach dem §261 der Strafprozessordnung (StPO).

Stützt sich das Urteil allein auf Aussagen von Zeugen beziehungsweise Geschädigten, weil sonst keine anderen Beweise vorliegen, so hat das Gericht besonders transparent und nachvollziehbar begründet, warum auf den Wahrheitsgehalt dieser Aussage vertraut wurde.

Dies ergibt auch Sinn, denn andernfalls liege nicht nur ein Verstoß gegen den Grundsatz der freien, richterlichen Beweiswürdigung vor, sondern auch gegen den Grundsatz „in dubio pro reo", also „im Zweifel für den Angeklagten“. Dieser Grundsatz verlangt, dass ein Gericht, beziehungsweise der Richter im Strafprozess nur dann sein Urteil sprechen darf, wenn dieser von der Schuld des Angeklagten mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit überzeugt ist. Begründet das Gericht seine Entscheidung nicht ausreichend, so wie hier das Landgericht Chemnitz, dann besteht das Risiko, dass der Angeklagte trotz verbleibender Zwei verurteilt – und damit gegen „in dubio pro reo“ verstoßen wird.

Für den konkreten Fall hieß das: Die übrigen Strafpunkte, also die Fälle der Körperverletzungen, bestehen weiter. Bezüglich der Vergewaltigungsvorwürfe hob der BGH das Urteil jedoch auf und verwies dieses zur erneuten Entscheidung an eine andere Strafkammer des LG Chemnitz zurück.

Quellen: hrr-strafrecht.de (BGH-Beschluss vom 6. Mai 2025 – 5 StR 139/25)

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