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Drohung mit Veröffentlichung von „Nacktbildern“ ist Versuch der sexuellen Nötigung nach §177 Abs. 2 Nr. 5 StGB

Es fängt meist mit harmlosen „Chatten“ über das Smartphone an. Doch oft bleibt es nicht dabei. In der heutigen Zeit, in der wir über Apps daten, chatten und Fotos und Videos innerhalb von wenigen Sekunden verschicken können, gehören sie einfach dazu – „Nacktbilder“. Doch so schnell sie auch gemacht sind, so schnell verschwinden sie leider nicht. Die Bilder bleiben oft auf dem Handy des Empfängers und ihnen kommt so die Eigenschaft eines Druckmittels gegen die Person, die darauf zu sehen ist, zu.

Dies kann unter anderem auch als Nötigungsmittel genutzt werden, um das Opfer zur Vornahme der von dem Täter gewünschten sexuellen Handlungen zu veranlassen. So auch in diesem Urteil vom 09.04.2019 (OLG Hamm - 3 RVs 10/19). Der Täter drohte damit, die Nacktbilder der Geschädigten bei Facebook zu veröffentlichen bzw. diese auszudrucken und in ihrer Schule aufzuhängen. Damit hat der Täter zur Begehung einer sexuellen Nötigung im Sinne des § 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB unmittelbar zur Tat angesetzt i.S.d. §22 StGB und damit das Versuchsstadium der Tat erreicht.

So entschied das Oberlandesgericht Hamm und hob damit ein von der Staatsanwaltschaft mit der Revision angefochtenes Berufungsurteil des Landgerichts Bielefeld auf. Dieses hatte den zuvor durch das Amtsgericht Herford verurteilten Angeklagten wieder freigesprochen, weil dieser nach Ansicht des Landgerichts noch nicht unmittelbar zur Verwirklichung einer sexuellen Nötigung angesetzt hat. Das OLG Hamm sieht das anders und räumt ein, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Täter regelmäßig bereits dann unmittelbar zur Tat angesetzt hat, soweit er auch nur ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestands verwirklicht habe.

Der Angeklagte sei zu Unrecht freigesprochen worden. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat das OLG Hamm das Verfahren mithin zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen.

Zum konkreten Sachverhalt

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde. Die 16-Jährige Geschädigte und der 27-Jährige Angeklagte hielten regen Schriftverkehr über den Messenger Dienst „Whats-App“. Während des Chattens verschickten die Schüler etwa Anfang 2017 Nacktbilder von sich. Unter Anderem auch auf Wunsch ihres Chatpartners. Dabei machte er bereits sexuelle Anspielungen und seinen Wunsch nach sexuellen Aktivitäten mit dem Mädchen deutlich. Als sich das Mädchen zur Vornahme sexueller Handlungen weigerte, versuchte der Angeklagte diese zu diesen zu drängen, indem er die Bilder als Druckmittel nutze und damit drohte, diese auf Facebook zu veröffentlichen und in der Schule auszuhängen.

Die Geschädigte meldete das Geschehen daraufhin Mitte Juni 2017 bei der Polizei und erstattete Anzeige. Auf dem Smartphone des 27-Jährigen fand die Polizei daraufhin die fünf Nacktbilder von der Schülerin.

Begründung

Laut dem OLG Hamm erreichte der Angeklagte dadurch bereits das Versuchsstadium der sexuellen Nötigung i.S.d. §177 Abs. 2 Nr. 5 StGB. In der Drohung liegt eine Nötigungshandlung im Sinne von § 177 Abs. 2 Nr. 5 StGB. Damit hat er ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes verwirklicht.

Der Bundesgerichtshof hat in der durch das OLG Hamm herangezogenen Entscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 12. August 1997 - 1 StR 234/97) ausgeführt, dass ein Versuch erst vorliegt, wenn (…) eine konkrete, unmittelbare Gefährdung des geschützten Rechtsguts vorliegt.

Das durch § 177 StGB geschützte Rechtsgut ist die sexuelle Selbstbestimmung. Durch die bereits vorgenommene Nötigungshandlung habe der Angeklagte die sexuelle Selbstbestimmung der noch minderjährigen Schülerin unmittelbar gefährdet. Dafür sei es nicht notwendig, dass die Schülerin den Angeklagten noch nicht zu Hause aufgesucht – sich also in den Wirkungsbereich des Angeklagten begeben hat.

Für die Annahme eines unmittelbares Ansetzens im Sinne des § 22 StGB spricht auch die von der Staatsanwaltschaft Bielefeld zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. März 2013 (BGH, Beschluss vom 5. März 2013 - 5 StR 25/13), der ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag. in dieser Entscheidung ging es zwar um eine Erpressung, doch auch hier hatte der Angeklagte versucht, Frauen zu erpressen, indem er mit der Veröffentlichung ihrer Nacktfotos gedroht hatte. Auch hier ging der BGH bereits von einem unmittelbaren Ansetzten des Täters aus.

Quellen: kostenlose-urteile.de, openjur.de, rechtsindex.de

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