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Gynäkologe filmte Intimbereich seiner Patientinnen - BGH bestätigt Annahme eines sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses nach §174c StGB

Der Besuch bei einer Gynäkologin oder bei einem Gynäkologen ist für viele Frauen immer noch mit einem unangenehmen Gefühl verbunden. Vor allem jüngere Frauen sträuben sich vor einer vaginalen Untersuchung auf dem „Stuhl“. Dabei sind vor allem Vorsorgeuntersuchungen auf dem gynäkologischen Stuhl zur Früherkennung von Krankheiten unabdingbar.

Macht die Patientin sich zur Untersuchung untenrum frei, so besteht zwischen ihr und dem behandelnden Arzt auch bei bloßen Vorsorgeuntersuchungen gewiss ein bestimmtes Vertrauensverhältnis. Nutzt der Gynäkologe dieses Arzt-Patientinnen-Verhältnis aus, um seine sexuelle Lust zu befriedigen, so macht er sich wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses nach §174c StGB strafbar. So entschied auch der Bundesgerichtshof und bestätigte damit eine zuvor ergangene Entscheidung des Landgerichts Dortmund.

Der konkrete Fall

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach den Feststellungen des Landgerichts nahm der Angeklagte, ein Frauenarzt, in seiner Praxis in 25 Fällen an verschiedenen Patientinnen Untersuchungen am Vaginalbereich dieser vor, wobei er ohne Kenntnis und Zustimmung der jeweiligen Patienten, digitale Bilder und Videoaufnahmen anfertigte. Darauf zu sehen waren die Patientinnen in untersuchungstypischer Pose. Sprich der entblößte Genitalbereich der Frauen, die während der Untersuchungen auf einem gynäkologischen Stuhl mit gespreizten Beinen saßen. Die Aufnahme gelang ihm anhand einer Kamera, die er in der Auffangschale des gynäkologischen Stuhls platzierte, sowie mit einer als Kugelschreiber getarnten Kamera. Dabei stellte er den gynäkologischen Stuhl bewusst so ein, dass er von den betroffenen Patientinnen nur schwer beobachtet werden konnte.

Der Mediziner gestand seine Taten. Daraufhin verurteilte ihn das Landgericht wegen sexuellen Missbrauchs gemäß §174c StGB in 25 Fällen zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung. Der Angeklagte legte Revision ein, so dass die Entscheidung vor dem Bundesgerichtshof landete.

Die Schwierigkeiten des Falls - Auslegung des §174c StGB

Weswegen sich die Beurteilung des Falls als problematisch erwies, ist der Auslegung des §174c StGB geschuldet. In diesem heißt es: „wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm wegen (…) einer körperlichen Krankheit zur Beratung oder Betreuung anvertraut ist, unter Missbrauch des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnis vornimmt (…) wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren bestraft“.

Es stand mithin die Frage im Raum, ob es sich bereits bei der Vorsorgeuntersuchung um eine Behandlung, beziehungsweise Beratung wegen einer körperlichen Krankheit handelt. Würde man dies ablehnen und eine bereits bestehende Erkrankung voraussetzen, so wäre hier lediglich an eine Verurteilung wegen der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen nach §201a StGB zu denken. Dieser wäre hier jedoch aufgrund der geringen Strafandrohung von maximal zwei Jahren bereits verjährt gewesen.

Doch nach dem BGH lässt der Gesetzeswortlaut diese Auslegung zu. „Wegen“ iSd. §174c Abs. 1 StGB sei im Sinne von „in Hinsicht auf“ als Synonym auszulegen, so dass auch derjenige schutzwürdig ist, der nur aus präventiven Gründen eine Untersuchung an sich vornehmen lässt.

Vor allem sei auch Sinn und Zweck der Norm, dass Ärztinnen und Ärzte nicht ihre besondere Vertrauensstellung in einem Behandlungsverhältnis ausnutzen, um ihre sexuelle Lust zu befriedigen. Dies schließt auch gynäkologische Vorsorgeuntersuchung ein. Diese stellen relevante Tätigkeiten da, bei denen auch ein schützenswertes Vertrauensverhältnis entstehe. Es sei also nicht erforderlich, dass eine behandlungsbedürftige Krankheit bereits vorliege, entscheidend sei vielmehr die Autoritätsposition, die der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin einnimmt.

Quellen: lto.de, wolterskluwer-online.de, burhoffonlineblog.de, openjur.de

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