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K.O.-Tropfen kein gefährliches Werkzeug bei sexuellem Übergriff

Der BGH hat festgestellt: Wer jemandem mit einer Pipette heimlich K.O-Tropfen ins Getränk träufelt, um die Person sexuell gefügig zu machen, begeht zwar Gewalt. Aber er verwendet kein gefährliches Werkzeug im Sinne des StGB. Das ist insbesondere für das Strafmaß relevant. Mit der Entscheidung kippt der BGH ein Urteil des Landgerichts Dresden.

Im konkreten Fall hatte ein Mann zwei Frauen in seine Wohnung eingeladen und sich entschlossen, ihnen heimlich K.O-Tropfen zu verabreichen. Laut BGH wollte er dadurch die Frauen sexuell enthemmen, um dann mit und an ihnen sexuelle Handlungen zu vollziehen und sich durch gegenseitige sexuelle Handlungen der Frauen sexuell zu erregen. Seine erhoffte Wirkung zeigte sich schnell: Die Frauen zogen sich gegenseitig aus, legten sich auf die Couch und küssten sich. Der Angeklagte trat hinzu und streichelte eine der Frauen ,,zumindest an ihrer mit einem BG bedeckten Brust und über ihrer mit einem Slip bedeckten Vulva’’, so die Entscheidung. Der Angeklagte erkannte, dass die Frauen, die im späteren Strafverfahren als Nebenklägerinnen auftraten, nicht mehr in der Lage waren, einen entgegenstehenden Willen zu bilden und zu äußern. Ohne die heimliche Gabe der K.O-Tropfen wäre es nicht zu den sexuellen Handlungen gekommen. Nach Beendigung dieser Handlungen verschwand die Nebenklägerin laut BGH plötzlich. Aufgefunden wurde sie schlussendlich im Garten des Wohngrundstückes auf der Erde liegend und nicht ansprechbar nur mit einem durchnässten Bademantel bekleidet.

Das Landgericht Dresden verurteilte den Mann in erster Instanz unter anderem wegen eines besonders schweren sexuellen Übergriffs und gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten. Mit der Verabreichung der K.O-Tropfen habe der Angeklagte nicht nur Gewalt im Sinne von §177 Abs.5 Nr.1 StGB ausgeübt, sondern auch ein ,,gefährliches Werkzeug’’ nach §177 Abs.8 Nr.1 bei seiner Tat verwendet.

Diese Annahme sei laut BGH aber rechtsfehlerhaft. Es halte der materiell-rechtlichen Prüfung nicht stand, dass die Strafkammer das Verabreichen von K.O-Tropfen per Pipette als Verwenden eines gefährlichen Werkzeuges im Sinne des Qualifikationstatbestandes §177 Abs.8 Nr.1 StGB gewertet hat.

Laut BGH seien K.O-Tropfen kein Werkzeug. Eine solche Auslegung würde sich ohne Verletzung des in Art.103 Abs.2 GG geregelten Bestimmtheitsgrundsatzes nicht mit dem Wortlaut der Norm vereinbaren. Bei einem Werkzeug würde es sich nach allgemeinem Sprachgebrauch um einen für bestimmte Zwecke geformten Gegenstand, mit dessen Hilfe etwas bearbeitet wird, handeln. Unter einem Gegenstand würde man insgesamt nur feste Körper und keine Flüssigkeiten verstehen. Mithin würde K.O-Tropfen keine Werkzeugqualität zukommen. Auch systematische Gründe würden dagegen sprechen, K.O-Tropfen als ,,Werkzeuge’’ im Sinne des StGB anzusehen. Im Zusammenhang mit einer Verurteilung wegen schweren Raubes habe der BGH bereits entschieden, dass ein Mittel, welches erst nach einem Stoffwechselprozess im Körper sedierend oder narkotisierend wirkt, kein gefährliches Werkzeug ist.

Auch, dass der Mann die Tropfen mittels eines Gegenstandes, nämlich der Pipette, in das Getränk geträufelt hat, führt nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Hierbei würde es sich lediglich um ein ,,Mittel der Beibringung eines gesundheitsgefährdenden Stoffes’’ handeln.

Im Ergebnis muss sich jetzt eine andere Strafkammer des LG Dresden erneut mit dem Fall befassen. Hier wird auch berücksichtigt werden müssen, dass bei der Tat vielleicht aus einem anderen Grund eine Strafschärfung geboten sein könnte. So sei eventuell die Tatvariante ,,Herbeiführung einer konkreten Todesgefahr für das Opfer’’ einschlägig.

Quellen: lto.de, bundesgerichtshof.de

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