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Sexkaufverbot: Deutschland als Bordell Europas

Bis zu 400.000 Frauen arbeiten laut Schätzungen bundesweit als Prostituierte. Offiziell angemeldet sind jedoch nur 24.000 Personen. Immer noch sind die Lebensbedingungen dieser in Deutschland erschütternd . Die EU will eine einheitliche Regelung für die Prostitution, um Menschenhandel und Ausbeutung zu vehindern. Deshalb hat sich das EU-Parlament für ein Sexkaufverbot, das sogenannte nordische Modell, ausgesprochen. Mit diesem aus Schweden stammenden Konzept wird der Kauf sexueller Dienstleistungen unter Strafe gestellt.Das heißt: Freier werden für den Kauf von Sex bestraft. Sexarbeiter:innen und Prostituierte hingegen nicht. Andere Länder führten das Modell auch ein, darunter Norwegen 2009, Frankreich 2016, Irland 2017 und Israel 2020. Fraglich ist, wie zielführend das nordische Modell in der Praxis ist. Immer mehr sprechen sich mittlerweile sogar gegen ein Sexkaufverbot aus. Gerade im Milieu wird das nordische Modell strikt abgelehnt. Warum ist das so?
Wie viele Prostituierte gibt es in Deutschland?
Die genaue Zahl der Menschen, die sich in Deutschland prostituieren, lässt sich nicht sagen. Theoretisch müssen sich Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter nach dem Prostituiertenschutzgesetz von 2017 bei den Behörden anmelden - in der Praxis sieht das jedoch ganz anders aus. Inoffizielle Schätzungen gehen von 400.000 Prostituierten und mehr aus.
Lebensbedingungen
Noch immer leben viele Prostituierte unter katastrophalen Lebensbedingungen. Auf den Straßenstrichen verschiedener Großstädte bieten teilweise schwer drogensüchtige Prostituierte ihren Körper für wenig Geld an. Gewalttätigen Freiern sind sie meist schutzlos ausgeliefert. Teilweise dürfen sie keinen Urlaub nehmen und arbeiten auch, wenn sie krank sind oder ihre Periode haben. Manche sogar während der Schwangerschaft noch bis zum achten Monat. Auch Abtreibungen gehören oft zum Alltag. ,,Es ist erbärmlich, was hier passiert’’, so eine Sozialarbeiterin aus Stuttgart. Die Lebensqualität verschiedener Prostituierten unterscheidet sich extrem. So gibt es auch diejenigen, die der Sexarbeit selbstbestimmt nachgehen und diese Beschäftigung als regulären Job betrachten, mit dem man gutes Geld verdienen kann.
Debatte um Sexkaufverbot in Deutschland
John Heer aus Stuttgart ist gegen ein Sexkaufverbot und befürchtet sogar, dass diese die Situation sogar noch verschlechtern würde.,,Natürlich würde es gefährlicher werden’’, so der Bordellbetreiber. Das Europaparlament hat sich in der Debatte um das Sexkaufverbot für die Einführung des Nordischen Modells ausgesprochen. Denn: Die meisten Frauen sind durch Täuschung oder Drohung im Gewerbe gelandet. Sie würden gerne aussteigen, können es aber nicht. Übergriffige Sexualpraktiken und mehrstellige Freier-Zahlen stehen an der Tagesordnung. Doch die Bezahlung dafür bleibt viel zu häufig aus.
CDU/CSU ist der Meinung, dass es nicht mehr möglich ist, die ,,unerträglichen Missstände’’ durch eine Reform zu beseitigen. ,,Deutschland ist zum Bordell Europas geworden. Hunderttausende Frauen in der Zwangsprostitution werden unter erbärmlichen Umständen benutzt und erfahren Gewalt. Ihre Körper werden behandelt wie billige Ware’’, so die stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Dorothee Bär. Bundesjustizminister Marco Buschmann hat sich gegen ein Sexkaufverbot ausgesprochen. Seiner Meinung nach müsste jegliche Ausübung von Zwang gegen Prostituierte unterbunden werden, ,,auch mit Mitteln des Strafrechts.’’
Wie es in Zukunft um die Einführung des nordischen Modells steht, bleibt abzuwarten.
Quellen:welt.de, tagesschau.de