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Sexualstrafrecht im Darknet – kein rechtsfreier Raum

Die unkontrollierte Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten im Darknet stellt die Justiz vor ein großes Problem und wirft große juristische Fragen auf. Wie lassen sich Täter identifizieren, auch wenn sie im Netz anonym bleiben? Welche Beweisfragen stellen sich bei der Strafbarkeit von Downloads, Uploads und dem „einfachen“ Konsum? Ein aktueller Fall liefert wichtige Erkenntnisse.
Was ist das Darknet überhaupt?
Um die Problematik rund um Kinderpornografie zu verstehen, ist es wichtig, erst einmal zu verstehen, was genau das Darknet ist.
Das sogenannte Darknet ist wie das „normale“ Internet, welches wir alle täglich nutzen. Allerdings ist es nicht für alle frei nutzbar, sondern es handelt sich um ein verborgenes Netzwerk, welches nicht über Standardbrowser wie Google Chrome, Firefox oder Microsoft Edge zugänglich ist. Es bedarf also eines speziellen Browsers.
Vereinfacht gesagt funktioniert das Darknet wie ein langer Datentunnel: Der Datenverkehr wird nicht direkt vom Nutzer zur Zielseite geleitet, sondern geht über Umwege durch eine Kette von Servern, die in der Regel von Freiwilligen betrieben werden. Jeder Knoten in diesem Netzwerk kennt dabei immer nur seinen direkten Vorgänger und Nachfolger, nicht aber den gesamten „Weg“ vom Nutzer zur Zielseite. Durch diese aufwändige Kette ist die Identität der Nutzer für Außenstehende praktisch nicht nachvollziehbar. Wer im Darknet agiert, agiert also anonym.
Allein ins Darknet zu gelangen, reicht oftmals jedoch nicht. Viele Plattformen sind zusätzlich noch zugangsbeschränkt, etwa via Einladungscodes. Auf diesen Plattformen werden oft pornografische Inhalte geteilt, die auf sogenannten „Clear-Web“-Plattformen nicht erlaubt wären. Darunter findet sich auch ein großer Anteil an kinderpornografischen Inhalten. Gezahlt wird für die Inhalte zudem meist per Kryptowährung, was die Rückverfolgung der Zahlungsquellen erheblich erschwert.
Ein Beispiel für eine solche Plattform ist der Darknet-Forumskomplex „Boystown“. Zwischen Juni 2019 und April 2021 wurde die Plattform von über 400.00 Usern genutzt und ist damit eines der weltweit größten Foren für Kinderpornografie geworden. Erst Anfang Mai 2021 wurde die Plattform abgeschaltet. Vier deutsche Männer wurden daraufhin als mutmaßliche Betreiber und Nutzer der Plattform verhaftet. Das Landgericht Frankfurt verurteilte alle Beteiligten im Dezember 2022 dann zu Haftstrafen von sieben bis zwölf Jahren unter anderem wegen Herstellung und der bandenmäßigen Verbreitung kinder-und jugendpornografischer Inhalte. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte diese Urteile kürzlich im Januar dieses Jahres.
Ein weiteres aktuelles Beispiel, über das wir auch bereits berichteten, ist die Plattform „KidFlix“. Diese wurde im Frühjahr 2025 abgeschaltet. Die Bilanz: 1, 8 Millionen Nutzerkonten verzeichnete die Website, bislang wurden mehr als 1.390 Tatverdächtige identifiziert, jedoch lediglich 79 tatsächlich festgenommen. Die Ermittlungen dauern noch an.
Das Problem der Strafbarkeit
Und damit kommen wir zur rechtlichen Problematik zum Thema Kinderpornografie.
Positiv ist vorweg, einmal festzuhalten, dass durch den Gesetzgeber eine umfassende strafrechtliche Grundlage geschaffen worden ist. Nach den §§184b, 184c des Strafgesetzbuches (StGB) ist nicht nur die Herstellung oder Verbreitung des Materials strafbar, sondern auch schon der Konsum für sich. Auch wer sich die Inhalte „nur“ ansieht, macht sich strafbar.
Dies gilt es den Usern jedoch nachzuweisen. Dabei ist die Strafverfolgung extrem aufwändig. Die herrschende Anonymität im Darknet stellt die Ermittler dabei vor große Herausforderungen. Die Ermittlungen gegen die Plattformuser und auch gegen die Betreiber stützen sich auf mögliche technische Spuren, die die User hinterlassen und anhand derer sich auf ihre Identität schließen lässt, zum Beispiel Logindaten oder Kryptowährungstransaktionen. Oft agieren die Ermittler auch selbst verdeckt im Darknet.
Es gilt, Nutzerkonten bestimmten IP-Adressen oder Wallets zuzuordnen – teils mithilfe internationaler Zusammenarbeit. Denn die Reichweite von Plattformen wie „Boystown“ oder „KidFlix“ erstrecken sich über etliche Ländergrenzen hinweg: Die Server stehen in verschiedenen Ländern, die Zahlungssysteme verteilen sich global, die Inhalte sind in mehreren Sprachen abrufbar und haben auch ihren Ursprung in verschiedenen Ländern. Bei solchen Strukturen greifen nationale Behörden daher auf internationale Ermittlungseinheiten wie Europol und Interpol zurück.
Dass dies funktioniert, zeigt sich im „KidFlix“-Fall: Auch hier erfolgte die Abschaltung nur durch eine internationale Operation des LKA Bayern gemeinsam mit Europol.
Quellen: surfshark,de, diezeit.de, wikipedia.de, tagesschau.de, bild.de, ndr.de