Anwalt für Sexualstrafrecht informiert
Strafbarkeit des ungewollten Versenden eines „Dickpics“

Wir befinden uns in einer Zeit, in der Dating über das Internet immer mehr an Beliebtheit gewinnt. Es wird gechattet und oft kommt es beim “Sexting” dazu, dass intime Bilder ausgetauscht werden. Dies kann einvernehmlich und gegenseitig, aber auch gegen den Willen der Betroffenen passieren. Oft kommen solche Bilder auch ganz ohne vorhergehendes Texten oder von Fremden. Dies kann beiderseitig - durch Frauen oft durch sogenannte „Nudes” (Nacktbilder) oder durch Männern durch das Versenden eines „Dickpics” (Penisbild) geschehen.
Extrem viele Frauen erhalten im Netz solche ungewollten Bilder von Männern, auf denen diese ihr männliches Genital ablichten. Laut einer Studie des „Pew Research Center” hat bereits jede zweite Frau schon solch ein anzügliches Dickpic erhalten.
Eine andere Studie von “The Journal of Sex Research” aus dem Jahr 2019 zeigt: 48 Prozent der 1087 befragten Männer haben schon mal ein solches Penisfoto verschickt. Die Männer geben an, sie versprechen sich von dem Versenden eines Dickpicks die Erregung ihrer Empfänger*innen. Sie hofften, im Gegenzug auch intime Bilder zu bekommen.
Ist das ungewollte Verschicken eines Dickpics strafbar?
Ob das ungewollte Verschicken eines Dickpics in Deutschland strafbar ist, hängt oft von den konkreten Umständen des Sachverhalts ab. Der erste entscheidene Faktor ist die Einvernehmlichkeit, aber vor allem der zweite Faktor - das Alter der Beteiligten ist entscheidend.
Geht das Bild von einer erwachsenen Person aus und wird dieses von einer anderen erwachsenen Person empfangen, die damit einverstanden ist, so bleibt das Versenden straflos. Anders sieht es aus, sobald es an diesem Einverständnis mangelt oder ein Minderjähriger beteiligt ist. Dabei gilt es zu betonen, dass aus Gründen des Minderjährigenschutzes auch bei einer Einwilligung durch den Minderjährigen von einer Strafbarkeit auszugehen ist.
Es lässt sich festhalten: Sind Minderjährige involviert oder mangelt es an der Einvernehmlichkeit, kann sich der Absender durch das unaufgeforderte Versenden in diesen Fällen wegen Verbreitung pornographischer Inhalte nach § 184 StGB strafbar machen. Der pornographische Charakter von Bildmaterial ist zu bejahen, soweit dieses den organisch-physiologischen Aspekt der Sexualität in grob aufdringlicher Weise in den Vordergrund stellt. Ein ungewolltes Genitalbild, welches plötzlich auf dem Bildschirm des Betroffenen "aufploppt", lässt sich dabei unstreitig unter den Begriff subsumieren.
Solche Bilder sind oft Ausdruck von Macht und Kontrolle. Der Täter missachtet die persönlichen Grenzen seiner Opfer und damit das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. § 184 StGB schützt vor allem das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung. Der Betroffene soll vor ungewollter Konfrontation mit pornographischen Inhalten verschont bleiben. Es liegt eine Trias aus Jugend-, Konfrontationsschutz und Schutz gemeinsamer Interessen der Staatengemeinschaft vor.
Welche Strafe droht dem Absender?
Auch die möglichen Folgen unterscheiden sich stets nach Sachverhalt.
Nach § 184 Abs. 1 StGB drohen für die Person, die sich wegen Verbreitung pornographischer Inhalte strafbar macht, eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Ist der oder die Empfängerin dazu noch unter 14 Jahre, kann sogar eine Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahre zu erwarten sein (vgl. § 176a Abs. 1 StGB).
Sollte es wiederholt zu unaufgeforderten Nachrichten und Bildern durch den selben Absender kommen, ist zusätzlich noch an eine Strafbarkeit durch das “Stalking-Gesetz” gem. § 238 StGB zu denken. Dem Täter droht hier eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.
Auch zivilrechtliche Schadensersatzansprüche können gegebenenfalls durch das Opfer geltend gemacht werden. Beispielsweise wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Wie verhalte ich mich als betroffene Person?
Haben Sie selbst ein ungewolltes Dickpic erhalten, ist es ratsam direkt zu handeln. Dabei ist mit direkt tatsächlich die sofortige „Beweissicherung” anhand eines Screenshot des in Rede stehenden Bildes gemeint.
Anzusprechen ist an dieser Stelle die Website Dickstinction.com des Juristen Morits Krüsselmann. Hier können Sie ganz einfach eine Anzeige gegen den Versender des Dickpics erstatten. Getreu dem Pitch von Dickstinction „Dickstinction hilft dir, in unter einer Minute eine Strafanzeige zu erstellen, die die Ermittlungsbehörden zur Strafverfolgung zwingt” sollte das Stellen der Anzeige nicht länger dauern, als das Verschicken des Bildes selbst. Notwendig dafür ist alleine das in Rede stehende Bild hochzuladen, Informationen zum Absender und persönliche Daten einzufügen. Ihnen wird daraufhin ein fertiges Schreiben erstellt, welches per Post oder durch die nächste Polizeibehörde an die Staatsanwaltschaft übermittelt werden kann.
Zögern Sie nicht, sich gegen den Täter zu wehren. Es ist wichtig zu signalisieren, dass ein solches übergriffiges Verhalten nicht ohne Konsequenzen bleibt. So auch Krüsselmann: „Wenn tatsächlich jedes Dickpic zur Anzeige gebracht würde, dann wäre die Schwelle, so etwas zu tun, doch wesentlich höher”.
Zur Beratung ist es dabei zusätzlich ratsam, einen Fachanwalt des Strafrechts hinzuziehen. Dies ist vor allem dann ratsam, wenn Sie „auf der anderen Seite” stehen, das heißt wenn Sie selbst Beschuldigter in einem Strafverfahrens wegen des Versendens eines Genitalbildes sind.
Quellen: www.20min.ch “Mit zwölf Jahren bekam ich zum ersten Mal ein Dickpic”, unser-campus.de, netzpolitik.org, www.anwalt.de, Nestler in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 184 StGB