Rechtsanwaltskanzlei Nikolai Odebralski
Wann bin ich vorbestraft?
Häufig stellen Mandanten oder Beschuldigte mir die Frage, ob man jetzt vorbestraft ist bzw. ab wann man vorbestraft ist.
Hierzu ist zu sagen, dass diese Begrifflichkeit keine juristische Formulierung ist, sondern ein Begriff nach dem allgemeinen Sprachgebrauch. Als "vorbestraft" gilt man nach landläufiger Meinung, wenn eine Verurteilung erfolgt, die eine Eintragung in das Bundeszentralregister zur Folge hat. Dies wiederum ist der Fall bei erstmaligen Eintragungen zu einer Geldstrafe von über 90 Tagessätzen, oder wenn mindestens zwei Eintragungen vorliegen, diese führen auch zu einer Eintragung, wenn die Strafe jeweils unter 90 Tagessätzen liegt.
Auch in diesem Falle gilt man dann landläufig als "vorbestraft".
Unterschied zwischen dem polizeilichen Führungszeugnis und dem Bundeszentralregister
Einen wichtigen Unterschied gibt es zunächst zwischen dem polizeilichen bzw. behördlichen Führungszeugnis und dem Bundeszentralregister.
Denn während das Bundeszentralregister sämtlicher im Strafverfahren ergangene Verurteilungen enthält, bildet das polizeiliche Führungszeugnis lediglich einen Ausschnitt aus dem Bundeszentralregister. Entgegen der landläufigen Meinung steht eine Auskunft aus dem Bundeszentralregister insofern nicht einer vollständigen Auskunft aus dem polizeilichen Führungszeugnis gleich.
Während in das Bundeszentralregister sämtliche strafrechtliche Verurteilungen, Suchvermerke, vollstreckungsrechtliche Entscheidungen beispielsweise über die Zusammenführung von einzelnen Strafen oder auch Eintragungen nach dem Jugendstrafrecht vermerkt werden, denn in das polizeiliche Führungszeugnis deutlich weniger Eintragungen übertragen. Hierin enthalten sind lediglich Verurteilungen zu Geldstrafen von über 90 Tagessätzen, sofern es sich um die erste Verurteilung handelt.
Mehrere Verurteilungen zu jeweils unter 90 Tagessätzen werden in das polizeiliche Führungszeugnis ebenfalls eingetragen, mit der Folge, dass man dort an Eintragungen enthält und im umgangssprachlichen Sinne als "vorbestraft" gilt.
Eine Sonderform des Auszugs aus dem Bundeszentralregister ist das sogenannte erweiterte Führungszeugnis.
Was ist das "erweiterte Führungszeugnis"?
Grundsätzlich werden Verurteilungen von mehr als 90 Tagessätzen in ein polizeiliches Führungszeugnis aufgenommen, bei Verurteilungen zu genau 90 Tagessätzen oder darunter erfolgt eine Aufnahme in das polizeiliche Führungszeugnis bzw. das Führungszeugnis nicht.
Nun hat der Gesetzgeber erkannt, dass es auch bei Verurteilungen zu Strafen unterhalb dieser Grenze ein Informationsinteresse von Beteiligten liegen kann, ob eine Verurteilung ergangen ist, auch wenn diese bei 90 Tagessätzen oder darunter liegt. Vor diesem Hintergrund hat sich der Gesetzgeber entschieden, dass sogenannte erweiterte Führungszeugnis einzuführen.
Wichtig zum Verständnis: eine Auskunft aus dem erweiterten Führungszeugnis steht nicht einer vollständigen und uneingeschränkten Auskunft aus dem Bundeszentralregister gleich.
Um sich bewusst zu machen, was das erweiterte Führungszeugnis bedeutet, ist es ratsam sich vor Augen zu führen, worauf sich das Wort "Erweiterung" in dem Terminus "erweitertes Führungszeugnis" bezieht. Dieses bezieht sich nach der gesetzlichen Bestimmung auf alle Straftaten aus dem Bereich der inder- und Jugendschutzdelikte, also alle Sexualstraftaten nach dem 13. Abschnitt des Strafgesetzbuchs und eine Hand voll weiterer Straftaten, wie beispielsweise Vernachlässigung der Unterhaltspflichten. Auch diese Straftat steht mittelbar im Zusammenhang mit verantwortungsvollen Umgang gegenüber Kindern und Jugendlichen.
Das erweiterte Führungszeugnis erweitert die Eintragungen im Verhältnis zu dem allgemeinen polizeilichen Führungszeugnis insofern auch auf die Verurteilungen zu unter 90 Tagessätzen, sofern es sich um die Verurteilung aus einem Bereich der Jugendschutzdelikte handelt.
Wird also beispielsweise jemand wegen Besitz kinderpornographischer Inhalte oder exhibitionistischen Handlungen zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt (Achtung: bei einer Verurteilung im Wege eines sogenannten Strafbefehls gilt das Gleiche), so würde in einem solchen Falle die Verurteilung in ein erweitertes Führungszeugnis aufgenommen, auch wenn die Höhe mit 90 Tagessätzen betreffend das normale polizeiliche Führungszeugnis außerhalb des eintragungsfähigen Bereiches liegt.
Ob man im Falle einer Eintragung in das erweiterte Führungszeugnis umgangssprachlich ebenfalls als vorbestraft gilt, liegt im Auge des Betrachters.
Ab wann werden Strafen aus den Führungszeugnis getilgt? (§34 BZRG)
Die Fristen zur Tilgung aus dem polizeilichen Führungszeugnis sind im Gesetz definiert und lauten wie folgt:
- 10 Jahre: Bei einer Freiheitsstrafe wegen bestimmter Sexualdelikte (§§ 174–180 oder 182 des Strafgesetzbuches) von über ein Jahr
- 3 Jahre: Bei Verurteilungen zu Geldstrafen oder Freiheitsstrafen oder Strafarrest von nicht mehr als drei Monaten, sowie bei Bewährungsstrafen von mehr als drei Monaten, aber nicht mehr als einem Jahr, wird die Löschung nach drei Jahren vorgenommen, sofern keine weiteren Eintragungen vorhanden sind.
- 5 Jahre: In allen anderen Fällen.
- Keine Löschung: Bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe oder einer angeordneten Sicherungsverwahrung
Tilgung aus dem Bundeszentralregister (§46 BZRG)
Die gesetzlichen Tilgungsfristen betreffend das Bundeszentralregister lassen sich ebenfalls dem Gesetz entnehmen:
- 20 Jahre: Bei Freiheitsstrafen wegen bestimmter Sexualdelikte (§§ 174–180 oder 182 des StGB) von mehr als einem Jahr
- 10 Jahre: Bei Freiheitsstrafen von mehr als drei Monaten, aber nicht mehr als einem Jahr
- 5 Jahre: Bei Verteilungen zu Geldstrafen von nicht mehr als 90 Tagessätzen, wenn keine Freiheitsstrafe, kein Strafarrest und keine Jugendstrafe im Register eingetragen ist. Bei Verurteilungen zu Freiheitsstrafen oder Strafarresten von nicht mehr als 3 Monaten, wenn im Register keine weitere Strafe eingetragen ist.
- 15 Jahre: In allen anderen Fällen
Fazit zum Theme "vorbestraft sein"
Grundsätzlich gibt es sprachlich Uneinigkeit darüber, wann jemand als vorbestraft gilt wobei hierzu zu sagen ist, dass die Frage ab „wann gilt man als vorbestraft?“ nicht mit streng juristischen Maßstäben zu beantworten ist.
Umgangssprachlich gilt man als vorbestraft, wenn man entweder in einem Verfahren rechtskräftig verurteilt wurde, oder eine Eintragung im das polizeiliche Führungszeugnis hat. Wie der Begriff verstanden wird, unterscheidet sich, insofern müsste man wenn man über die Frage vorbestraft sein Reeder zunächst einmal klären, was hierunter verstanden wird.
Unstreitig sein dürfte aber, dass man als vorbestraft gilt, wenn man in der Form rechtskräftig verurteilt wurde, dass man zumindest eine Eintragung in das polizeiliche Führungszeugnis hat.