Sprungrevision erfolgreich: Urteil wegen Kindesmissbrauchs vollständig aufgehoben (Wuppertal)
Unser Mandant erhielt im Jahre 2022 eine Vorladung als Beschuldigter wegen sexuellem Missbrauch von Kindern durch die Polizei Wuppertal.
Opfer sein sollte die Tochter seiner Lebensgefährtin, unser Mandant bestritt die vorwürfe nachhaltig. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal gab die Einholung eines so genannten aussagepsychologischen Gutachtens in Auftrag, dieses gelangte nach vorläufiger Bewertung zu dem Ergebnis, dass die Vorwürfe wohl zutreffend sein, in der Folge wurde eine Anklage wegen sexuellem Missbrauch von Kindren zum Amtsgericht Wuppertal erhoben.
In der Verhandlung gelang es der Verteidigung, der vermeintlich Geschädigten kritische Rückfragen zu stellen und Verfahrensfehler in dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Wuppertal aufzuzeigen:
insbesondere war es in dem Ermittlungsverfahren so, dass die Vernehmung der vermeintlich Geschädigten durch die Mutter einer Grundschulfreundin des Kindes im heimischen Wohnzimmer in Gegenwart von anderen Personen durchgeführt worden war, hierzu hatte man sich in Absprache mit der Polizei Wuppertal entschieden, da die Mutter, gleichzeitig Polizeibeamtinnen im Bereich Verkehrsdelikte, ein "besonders gutes Verhältnis" zu dem vermeintlich Geschädigten Kind haben sollte.
Die Niederschrift der Vernehmung las sich sodann wie ein Leitfaden für die Erschaffung von suggestiven Falscherinnerungen, beispielsweise in dem vielfach Erinnerungen und Vernehmungsinhalte einfach vorgegeben wurden und die vermeint ich Geschädigte dann lediglich gefragt, ob es „so gewesen sein könnte“ - woraufhin diese in dem Vernehmungssetting im Wohnzimmer häufig einfach nur mit "Ja" geantwortet hat.
Auf diese Art von Vernehmung fußt dann die Anklage, darüber hinaus war auch die sorgeberechtigten Mutter nicht nach ihrem Einverständnis betreffend die Vernehmung ihrer Tochter gefragt worden. Dies war aber zwingend erforderlich, da sich die Beschuldigung gegen ihren Ehemann richtete - und die Tochter insofern berechtigt gewesen wäre, die Aussage zu verweigern. Um dies zu entscheiden, hätte aber entweder die Mutter rechtsverbindlich angehört, oder alternativ ein so genannter Ergänzungspfleger bestellt werden müssen, auch dies war hier nicht passiert.
Das Ergebnis: die im Kern ausführlichste und belastende Aussage war einer gerichtlichen Verwertung und zugänglich, ohne diese Aussage konnte eine Verurteilung nicht erfolgen. So auch das Ergebnis der aussagepsychologischen Sachverständigen.
Aus nicht nachvollziehbaren Gründen setzte sich das Gericht aber über das Ergebnis des aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens hinweg und verurteilte unseren Mandanten. Dies erschien umso skurriler, als dass das Gericht durch die Hinzuziehung der Sachverständigen doch zuvor zum Ausdruck gebracht hatte, sich mit der Bewertung der Aussage überfordert zu fühlen und dieser eigenständig ohne sachverständige Beratung nicht gewachsen zu sein. Warum das Gericht angesichts dessen nun doch eine eigene Sachkunde haben wollte, wurde weder dargelegt, noch was sonst irgendwie ersichtlich.
Dies sag letztlich auch das Oberlandesgericht Im Rahmen einer Überprüfung des Urteils im Wege einer sogenannten Sprungrevision so, was das Urteil wegen schwerwiegender Verfahrensfehler vollständig aufhob und die Sache zu einer erneuten Verhandlung an das Amtsgericht Wuppertal zurück verwies.